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Positive Stimmung in der Bevölkerung Grundlage für eine Olympia-Bewerbung

Von Ulrike Spitz

Es sind spannende Fragen, die den deutschen Sport derzeit beschäftigen, und eine davon ist natürlich die, ob Deutschland sich wieder einmal um die Ausrichtung von Olympischen und Paralympischen Spielen bewerben soll. Im Sport herrscht weitgehend Einigkeit, dass eine Bewerbung grundsätzlich ein mittelfristiges Ziel sein sollte. In der Strategie des Deutschen Olympischen Sportbundes DOSB:2028, die gemeinsam mit den Mitgliedsorganisationen erarbeitet wurde, ist festgelegt, dass eine erfolgversprechende Bewerbung für die Olympischen und Paralympischen Spiele auf den Weg gebracht bzw. vorbereitet werden soll, unter anderem durch eine Stärkung und Verbreitung der olympischen Idee und der olympischen Faszination. Über mögliche Wege dorthin wird diskutiert.

Aus DOSB-Sicht muss die Frage, ob und wann und mit welcher Stadt oder Region eine Bewerbung sinnvoll sein kann, sehr genau geprüft und sorgfältig abgewogen werden, nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen aus den vergangenen Jahrzehnten. Deshalb ist der DOSB derzeit vor allem dabei, zu analysieren und die Grundlagen zu erarbeiten, damit seine Mitgliederversammlung zum richtigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung treffen kann.

Im Moment stehen noch viele Fragen im Raum, die nicht zuletzt die Bevölkerung interessieren: Was ist das Erbe Olympischer und Paralympischer Spiele für den Fall, dass sie umgesetzt werden?  Also: Wie haben bisherige Ausrichter von den Olympischen Spielen profitiert? Aber auch: Was ist denn in den Regionen geschehen, in denen Bewerbungen nicht erfolgreich waren? War wirklich alles negativ, oder haben sie vielleicht sogar profitiert?  Hamburg hat zum Beispiel agiert, nachdem die Tränen getrocknet und die Ärmel hochgekrempelt waren. Die Stadt wurde im Oktober 2018 in Buenos Aires mit dem „Global City Award“ genau dafür ausgezeichnet, dass sie nach der gescheiterten Olympiabewerbung durch den Masterplan Active City eine infrastrukturbasierte Entwicklungsperspektive für den Sport entwickelt hat. Damit wurde trotz negativen Ausgangs der Bürgerbefragung ein positives Erbe geschaffen.

Voraussetzung für eine Bewerbung ist natürlich eine mehrheitlich positive Stimmung in der Bevölkerung, gemessen mit validen Umfragedaten. Wir erinnern uns: Noch kurz vor der Abstimmung in Hamburg im Herbst 2015 waren die Umfragen klar positiv – das Ergebnis des Referendums am Tag X ist hingegen hinlänglich bekannt. Überdies muss die politische Unterstützung gesichert sein, möglichst in Form eines klaren Bekenntnisses von Bund und Ländern zu einem gemeinsamen Finanzierungskonzept.

Und nicht zuletzt gilt es, sehr aufmerksam und intensiv die internationale Entwicklung zu verfolgen und zu beachten. Die internationale Lage ist einerseits nicht einfacher geworden. Durch die neuen IOC-Regelungen gibt es keinen klaren Zeitplan mehr – der starre Vergabetermin sieben Jahre vor Ausrichtung der Spiele wurde aufgelöst – somit wird über die Vergabe der Spiele 2032 nicht zwingend im Jahr 2025 entschieden. Es ist also eine große Herausforderung, den richtigen Zeitpunkt zu finden, an dem der Hut endgültig in den Ring geworfen werden kann. Andererseits findet nun ein Dialog zwischen IOC und Interessenten statt, in dem ein mögliches Konzept (Nachnutzung, Nachhaltigkeit, etc.) gemeinsam erörtert wird, um durch die Spiele die Stadt- oder Regionentwicklung zu fördern – und nicht umgekehrt. Dadurch werden die Bewerbungskosten ebenso reduziert wie die Anzahl der „Verlierer“.

In Deutschland stellt sich Situation derzeit so dar, dass eine beeindruckende Privatinitiative mit mittlerweile starkem und offiziell bekundetem politischem Rückhalt in Nordrhein-Westfalen für eine Bewerbung um die Spiele 2032 entstanden ist. Eine aktuelle Forsa-Analyse zeigt auf, dass die Stimmungslage in Rhein-Ruhr ein positives Bild in jeder der beteiligten Kommunen zeichnet und damit die bessere Ausgangslage bietet als derzeit Berlin. Allerdings muss man fairerweise dazu sagen, dass Rhein-Ruhr bereits einen zwei- bis dreijährigen Prozess hinter sich hat, den Berlin so nicht hatte. Unter Beachtung des zeitlich veränderten internationalen Bewerbungsprozesses des IOC würde die Zeit für eine Berliner Bewerbung für 2032 nicht mehr ausreichen. Berlin käme somit eher für 2036 oder 2040 als möglicher Bewerber ins Spiel – Diskussionen um eine mögliche Bewerbung 2036 verlaufen durchaus kontrovers, weil eine mögliche Bewerbung um Spiele 2036 von den einen positiv, von anderen aber als nicht machbar eingestuft wird.

Bevor sich der Sport entscheiden kann, müssen aber die Grundvoraussetzungen seitens der Politik und der Region für eine Bewerbung vorhanden sein: fertiges Konzept, Klarheit über die Finanzierung und Zustimmung der Bevölkerung. Grundsätzlich ist die Voraussetzung für eine künftige Bewerbung auf jeden Fall, dass der Sport in Deutschland nachhaltig von ihr profitieren muss. Und dass eine Bewerbung nicht ohne Rückhalt der Bevölkerung möglich sein wird, ist ein wichtiges Kriterium auch für das IOC.

Aufgabe des Sports ist es unter anderem, den Menschen noch besser die Potenziale zu verdeutlichen, die in so einer Sportgroßveranstaltung stecken. Denn im Leitbild des DOSB steht: „Wir wollen die Bevölkerung überzeugen, dass wir nachhaltige, verantwortungsvolle und vor allem begeisternde Gastgeber sind, die die Sportwelt in Deutschland begrüßen.”

Foto: Daniel Bockwoldt / dpa

 

 

Ulrike Spitz ist Leiterin der Abteilung Medien, Öffentlichkeitsarbeit beim DOSB

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