Wertschätzung auch nach 60 Jahren
Erinnerungen an Tokio: Die DOG in Darmstadt ehrt Olympia-Schwimmer von 1964 mit einer sehenswerten Ausstellung.
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Von Rainer Paepcke
„Ich bin nur noch ein Badender“, sagt Hans-Joachim „Little“ Klein auf die Frage nach seinen heutigen Leistungen im Schwimmbecken. Klein, vierfacher Medaillengewinner bei den olympischen Schwimmwettbewerben in Tokio 1964, war ebenso wie Traudi Beierlein (heute Traudi Schulte) und Uwe Jacobsen Ehrengast einer Ausstellungseröffnung, die passend zum Anlass im schmucken Darmstädter Nordbad präsentiert wird. An der Ausgestaltung der Ausstellung waren das Sportamt der Wissenschaftsstadt Darmstadt, die Deutsche Olympische Gesellschaft, Zweigstelle Darmstadt, und der Darmstädter Schwimm- und Wassersportverein 1912 beteiligt.
Die durch mehrere Wortbeiträge und ergänzende TV-Ausschnitte angereicherte Ausstellungseröffnung erfolgte am 5. November 2024; genau 60 Jahre zuvor, am 5. November 1964, waren die die erfolgreiche Schwimmerin und ihre männlichen Mannschaftskollegen in ihre Heimatstadt zurückgekehrt, wo sie von einer begeisterten Menge empfangen wurden.
Die Ausstellung zeigt auf mehreren Stellwänden Kurzbiografien der Olympioniken, Fotos der Darmstädter Triumphfahrt und großformatige Kopien von historischen Zeitungsausschnitten, in denen die Leistungen und Erfolge von Beierlein, Klein und Jacobsen gewürdigt werden.
Rund 20.000 Menschen waren in die Darmstädter Innenstadt gekommen, um die Olympia-Heimkehrer auf ihrer Triumphfahrt in offenen Fahrzeugen zuzujubeln. Der SV Darmstadt 98 darf sich bei seinen Heimspielen im ausverkauften Stadion am Böllenfalltor über einen Besuch von 17.810 Besuchern freuen. Der Stellenwert der olympischen Erfolge von 1964 im Darmstädter Umland ist durch diese Vergleichszahl sicherlich hinreichend dokumentiert.
Klein ganz groß: Dreimal Silber, einmal Bronze. Staffelsilber für Jacobsen
Bei den Sommerspielen in Tokio konnte in erster Linie Hans-Joachim Klein auf sich aufmerksam machen. Mit drei Silber-Medaillen in Staffelrennen (4×100 m Lagen und Freistil, 4 x 200 m Freistil) und einer Bronzemedaille (100 m Freistil) im Gepäck trat er die Heimreise an. Uwe Jacobsen hatte in der 4 x 100 m Freistilstaffel zusammen mit Klein eine Silbermedaille errungen und Traudi Beierlein mit der 4 x 100 m Freistilstaffel immerhin einen sechsten Platz erreicht. Komplettiert wurde die Darmstädter Reisegruppe vom 2014 verstorbenen Janosch Sartori, der sowohl bei den Olympischen Spielen als auch im heimatlichen Umfeld als Trainer in der Sporthalle für die allgemeine Fitness und am Beckenrand für den sportspezifischen Feinschliff der Darmstädter Schwimmer sorgte.
Die Neuauflage der Olympischen Spiele in Tokio 2020/2021 fand vom 23. Juli bis zum 8. August 2021 in der japanischen Hauptstadt statt, zu einer Zeit also, in der am Veranstaltungsort extrem hohe Temperaturen herrschten. Die für die Planung der Spiele von 1964 Verantwortlichen hatten die Spiele auf die Zeit vom 10. bis 24. Oktober terminiert, was den teilnehmenden Leistungssportlern weitaus angenehmere und leistungsfördernde Temperaturen garantierte. Wurde die Veranstaltung 1964 auf einen später im Jahr gelegenen Zeitraum terminiert, um die Gesundheit der Sportler zu schützen? Oder war zu jener Zeit der Kalender der internationalen Sportgroßveranstaltungen weniger reichlich bestückt und somit eine athletengerechte Planung problemlos möglich? Vermutlich spielten beide Aspekte eine Rolle.
Dass das Wettkampfjahr 1964 nicht bis ins Letzte verplant und durchgetaktet war, lässt sich sicherlich auch daran erkennen, dass die Schwimmwettbewerbe bereits am 18. Oktober beendet waren, die Darmstädter Delegation aber erst am 5. November wieder in der Heimat eintraf. Man hatte sich dazu entschieden während der Heimreise einige Zwischenstopps einzulegen und sich ein wenig in der Welt umzuschauen.
Jacobsen blieb dem Schwimmsport auch in der zweiten Laufbahn erhalten
Nach der Schwimmkarriere blieb Uwe Jacobsen dem Schwimmsport als Trainer bei der DSW 1912 erhalten, Traudi Beierlein wurde als freischaffende Künstlerin bekannt und Hans-Joachim Klein war unter anderem Landrat im Landkreis Darmstadt-Dieburg und Anfang der 2000er sechs Jahre lang Präsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft (DOG). Am Rande der Ausstellungseröffnung traf „Little“ Klein auf Gregor von Opel, den im Oktober 2024 gewählten Präsidenten der DOG.
Den drei Ehrengästen war anzumerken, dass die Veranstaltung dazu beitrug die Erinnerungen an eine gemeinsame erfolgreiche Zeit wiederaufleben zu lassen. Es bleibt zu hoffen, dass sich der sportlich orientierte Nachwuchs vor oder nach dem Schwimmtraining im Darmstädter Nordbad die Zeit nimmt, einen Blick in die Ausstellung zu werfen. Vielleicht findet der / die Eine oder Andere hierbei die Motivation das Ziel Olympia anzusteuern. Und vielleicht findet man sich dann in einigen Jahrzehnten ebenfalls im Zentrum einer wertschätzenden Ausstellung wieder …