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Zehnkämpfer Andreas Bechmann: StartUp gegen Wasserrohrbrüche

von Michael Reinsch [ALLGEMEIN | MENSCHEN | GESELLSCHAFT | WIRTSCHAFT | SPORTHILFE ]

“Darauf lässt sich aufbauen”, scherzte der Frankfurter Zehnkämpfer, als er von seinem ersten großen Sieg in der Wintersaison sprach. Er hat mit Sport nichts zu tun. Mit der Geschäftsidee, Wasserrohrbrüche vorherzusagen, haben er und drei Kommilitonen und Partner den mit 12000 Euro dotierten Wettbewerb um das Start-up des Jahres der Stiftung Deutsche Sporthilfe und der DKB-Bank gewonnen. Da saß er am Steuer seine Autos auf dem Weg zur Hallen-Europameisterschaft der Leichtathleten in Torun in Polen, bei der er im Siebenkampf Sechster wurde mit 5995 Punkten.

Andreas Bechmann (Eintracht Frankfurt e.V.)

Sport, Studium und Unternehmertum, für Bechmann ist das kein Gegensatz. “Der Tag hat 24 Stunden. Wenn man die richtig strukturiert, ist das sehr viel Zeit”, sagt er. “Wäre doch schade, wenn ich Stunden auf der Couch liegen würde. Mir ist es lieber, Probleme der Welt zu lösen.” Als da wären: Wasserschäden. Bei einem Consulting-Projekt bei einer Versicherung während ihres Studiums an der accadis Hochschule in Bad Homburg stießen der 21 Jahre alte Management-Student Bechmann und Kommilitonen darauf, dass Wasserrohrbrüche jedes Jahr in Deutschland Schäden in Höhe von knapp drei Milliarden Euro verursachen – und das sind lediglich die, für welche Versicherungen geradestehen. Die jungen Männer – drei von der Hochschule in Bad Homburg und einer von der in Darmstadt – sehen ihre Aufgabe darin, durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz Defekte beim Zu- und Abwasser so präzise vorhersagen zu können, dass sie vermieden werden, Betroffene sich viel Ärger sparen und die Versicherer viel Geld.

Ein bisschen mehr, als das Alter der Gebäude, die Vorhersage des nächsten starken Frostes, das Material der Rohrleitungen und die Qualität des Wassers einzugeben, sei schon nötig, sagt Bechmann. Er schwärmt geradezu. “Wenn der Computer einfach nur Stochastik könnte, brauchten wir ihn nicht”, sagt er. “Es ist Magie, die dahintersteckt.” Wohl auch deshalb beruft er sich auf Peter Thiel, der als Erster in Facebook investierte und der gemeinsam mit Elon Musk den Zahlungsdienstleister Paypal entwickelte, wenn er sagt: “Menschen können computergestützt bessere Entscheidungen treffen. Die Rechner sind nicht Gegenspieler, sondern Mitspieler.” Thiel hat mit seinen Start-ups Milliarden gemacht.

Das hat Bechmann noch vor sich. Seit dem 1. Januar ist seine Idee ein Forschungsprojekt der Hochschule. Seine Mitstreiter und er haben ihrem kommenden Start-up den Namen Preventio gegeben. Das Institute of Entrepreneurship von der accadis Hochschule ist mit im Boot. Doch mit dem Prototyp ihres Algorithmus, der Zauberformel für ihren Durchbruch, rechnen sie erst in der zweiten Hälfte dieses Jahres. Das Freischalten einer Website und die Eintragung im Handelsregister stehen ebenfalls noch bevor. Aber das sind Details im Vergleich zu der großen Idee, von der eines Tages Versicherungskonzerne, Wohnungsgesellschaften und nicht zuletzt potente Investoren überzeugt sein sollen. Wenn man wisse, wie Schäden entstehen, könne man effektiv agieren, sagt Bechmann. In seiner Vorstellung werden Versicherungen künftig nicht mit ihren Kunden um die Begleichung von Schäden streiten, sondern jemanden wie die Gelben Engel des ADAC mit dem Werkzeugkasten schicken, rechtzeitig – bevor der Schaden eintritt.

Was, wenn das Projekt durchstartet und zugleich, im kommenden Sommer, die Spiele von Tokio stattfinden? “Ich sehe das nicht als Entweder-oder”, sagt der Athlet von Eintracht Frankfurt. “Ich bin jeden Tag dabei, mich auf Tokio vorzubereiten. Das ist ein Traum.” Vor zwei Jahren, mit neunzehn, erzielte er 8132 Punkte im Zehnkampf, Bestleistung, und verpasste nur knapp die WM von Doha – bei der Niklas Kaul den Titel gewann. “Das Schöne am Zehnkampf ist die Vielseitigkeit”, sagt er. Was die einen als Königsdisziplin der Leichtathletik betrachten, sehen die anderen als Kumulation von Unvollkommenheit. “Man ist gezwungen, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren”, sagt der junge Athlet. Als Entwickler und Jungunternehmer will er es genauso halten.

Fotos: picture alliance / Gladys Chai von der Laage /  BEAUTIFUL SPORTS/KJPeters | BEAUTIFUL SPORTS/KJPeters / dpa | Gregor Fischer

Michael Reinsch ist Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Seit Jahrzehnten setzt er sich mit Themen auseinander, die den Sport in seiner Gesamtheit und seiner Wirkung auf die Gesellschaft beinhalten.

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