Die (Fußball-)Welt trauert um Franz Beckenbauer
Zum Tode des größten deutschen Fußballers aller Zeiten.
[ALLGEMEIN | GESELLSCHAFT]
Redaktion (aufgeschrieben von Frank Schneller)
Es gibt sie in der Kunst, der Kultur, in der Politik. Und vor allem auch im Sport: Die Jahrhundert-Persönlichkeiten. Menschen, die unser aller Leben berühren, begleiten, bereichern – gegebenenfalls prägen oder gar verändern. Man nennt sie auch die „ganz Großen“. Sie sind immer da, irgendwie. Omnipräsent. Sie bleiben. Ihre Lebensleistung wird zur Legende. Zum Mythos.
Beliebt, ja vertraut, sind sie (uns) besonders dann, wenn sie ungeachtet ihrer Bedeutung und ihres gesellschaftlichen Status‘ nahbar bleiben. Bodenständig. Aufmerksam im Umgang mit Anderen, freundlich.
Wenn sie nicht mehr sind, ist die Welt eine andere.
Die Fußballwelt ist nun eine andere. Franz Beckenbauer ist gestorben. Der größte Fußballer, den Deutschland je hatte. Aber stimmt diese Bezeichnung, rein sportlich betrachtet? Da waren auch Fritz Walter, Uwe Seeler und Gerd Müller.
Die Antwort auf diese Frage ist nicht wichtig. Beckenbauers Lebensleistung nach seiner aktiven Laufbahn gibt Aufschluss. Dem Weltmeistertitel als Spieler folgte der als Trainer. Da war er längst der ‚Kaiser‘. Als Beckenbauer die Fußball-WM 2006 nach Deutschland holte, wurde er in Ermangelung anderer Superlative – wie sollte man einen Kaiser noch krönen – zur ‚Lichtgestalt‘. Das ‚Sommermärchen‘ wird immer mit seinem Namen verbunden bleiben. Leider auch die Zweifel.
Dass ausgerechnet diese lange Zeit ebenfalls von Elogen begleitete, dritte Karriere plötzlich Schatten auf die Lichtgestalt Beckenbauer warf, ist tragisch. Verklärt es den Blick auf ihn? Nein, sie gehören zu seinem Leben.
Die unrühmlichen Vorwürfe, die weder endgültig bewiesen noch entkräftet werden konnten, machten den ‚heiligen‘ Franz Beckenbauer für Außenstehende wieder zum Menschen. Einem Menschen mit Fehlern und Schwächen, wie sie jeder hat. Inmitten einer korrupten und verlogenen, bigotten Welt namens FIFA.
Wer Franz Beckenbauer auch nur ein wenig kannte, ahnt, dass ihn wohl keine kriminelle Energie antrieb, sondern die Vision, Deutschland das größte Sportereignis der Welt zu bescheren – gepaart mit Gutgläubigkeit und einer gewissen Naivität – erwachsen aus jahrzehntelanger Rundum-Betreuung seiner Manager, die ihm alles abnahmen: dem ebenfalls legendären Robert Schwan und dessen Nachfolgern in späteren Jahren, die den zum Weltmann gewordenen Libero listig durch die unwegsamen Territorien einer WM-Bewerbung und -Vergabe manövrierten. Und die zeichnungs-willige Gallionsfigur auch später noch – oft falsch – berieten, zum Lobbyisten machten. Wer die TV-Dokumentation der ARD am Abend der Nachricht vom Tode Beckenbauers sah und nur halbwegs aufmerksam hinhörte, wird das kaum noch in Frage stellen.
Und so gebührt es dem Lebenswerk und dem Wesen Beckenbauers, zurückzukehren zu etwas mehr Dankbarkeit und Respekt. Viele Sternstunden des deutschen Fußballs wären ohne ‚Kaiser Franz‘ nicht möglich geworden. Er war ein Superstar mit großem Herz.
Führt man sich vor Augen, wer heutzutage alles der Kategorie ‚Star‘ oder ‚VIP‘ zugeordnet wird, kommt man noch viel weniger umher, sich zu verneigen: Franz Beckenbauer war tatsächlich eine ‚sehr wichtige Person‘. In allen Phasen seines und unseres Lebens. Jemand, der die Fußballwelt und unser Land jahrzehntelang prägte. Ihm gebührt ein ehrenvoller Abschied. Unsere Verneigung.
Er war ein ‚ganz Großer‘. Der Größte seiner Zunft.