„Olympia hautnah“: Was macht der Corona-Schock mit Olympia und dem Spitzensport?
Berlin
Zittern, Daumen drücken, Hoffen – seit Beginn der Corona-Pandemie gehören diese Disziplinen zum Trainingsplan der Spitzensportler in Deutschland. Zittern, ob die Corona-Situation beherrschbar bleibt. Daumen drücken, dass Training und Wettkämpfe möglich sind. Hoffen, dass bald große internationale Sportwettbewerbe, besonders Olympia und Paralympics 2021 in Tokio, stattfinden können.
In der Gesprächsrunde „Olympia hautnah“ hat sich die Deutsche Olympische Gesellschaft Landesverband Berlin in Kooperation mit dem Berliner TSC (einem der leistungsstarken Großvereine in der Stadt) die Frage vorgenommen, wie die Sportlerinnen und Sportler den Corona-Schock erlebt und verarbeitet haben. Gesprächsgäste waren der Wasserspringer Patrick Hausding, die Para-Schwimmerin Elena Krawzow sowie Harry Bähr, Leiter des Olympiastützpunktes Berlin. Moderiert wurde die Gesprächsrunde von der ARD-Sportjournalistin und früheren Handballerin Birgit Hofmann.
„Als Tokio abgesagt wurde, war ich geschockt und etwas durcheinander“, so Elena Krawzow. Die Berliner Sportlerin des Jahres 2019 musste neu planen und hat das bestmögliche aus der Situation gemacht: „Die Motivation war zwar nicht einfach, schließlich haben Wettkämpfe und Höhepunkte gefehlt. Aber wir haben die Zeit genutzt, um an meinen Schwächen zu arbeiten.“
Für Patrick Hausding, der in Tokio seine vierten Olympischen Spiele erleben und seine dritte olympische Medaille gewinnen wollte, war die Verschiebung der Spiele zwar eine „blöde Situation“, weil das Jahresendziel plötzlich weg war. „Es wäre für mich aber kein Weltuntergang gewesen, wenn Olympia in Tokio komplett abgesagt worden wäre“, so Berlins Sportler des Jahres 2019. „Wenn ich mir die aktuelle Entwicklung auf der Welt anschaue, bin ich skeptisch, ob die Spiele nächstes Jahr wirklich stattfinden können. Aber ich hoffe weiter – und trainiere auf das Ziel hin.“
Harry Bähr, Leiter des Olympiastützpunktes Berlin, sieht im internationalen Sport eine große Verunsicherung, zeigte sich aber zur Austragung der Spiele im nächsten Jahr zuversichtlich: „Ich war erst skeptisch. Mittlerweile denke ich aber, die werden es in Tokio schon hinkriegen. In Japan macht man sich viele Gedanken. Die Frage ist allerdings: Wie sehen die Spiele aus? Keine Zuschauer, abgespecktes Programm, weniger Athleten?“ Für Patrick Hausding steht außer Frage: „Olympia geht nur ganz oder gar nicht. Die Solidarität unter den Sportlern ist da sehr ausgeprägt. Und wenn nicht alle mitmachen dürfen, dann gibt es eben kein Olympia.“ Fatal wäre dies allerdings für die Nachwuchsgewinnung: Kein Olympia, keine Sporthelden, keine Vorbilder für Kinder und Jugendliche, denen sie nacheifern können.
Berlins DOG-Präsident Richard Meng: „Diese Gesprächsrunde war für die DOG ein Neustart. Endlich wieder reale Begegnungen, wenn auch unter Corona-Bedingungen. Endlich wieder ein Gespräch über die drängenden Fragen des Sports. Es hat sich gezeigt: Solche Veranstaltungen brauchen wir wieder. Denn die Athletinnen und Athleten brauchen Aufmerksamkeit, sie brauchen Unterstützung. Alle Hochachtung vor denen, die in solchen Zeiten engagiert weitermachen und sich neue Ziele setzen. Olympia und Paralympics bleiben da das Maß der Dinge. Wir alle wünschen uns, dass es 2021 in Tokio klappt, wenn es sein muss auch mit einem veränderten, reduzierten Konzept. Vielleicht ist das dann sogar eine Reformchance für die Zukunft.
Alexander Dorner
Foto: DOG Berlin (Patrick Hausding, Elena Krawzow und Birgit Hofmann im Gespräch)