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„Dieses Rennen ist weiblich“

Von Frank Heike

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Die Olympischen Spiele waren – „groß“. Die Olympische Silbermedaille im 49er FX, gewonnen zusammen mit Tina Lutz vor Enoshima im Juli 2021, war – „mega“. Doch seit sie im Februar verkündete, bei der übernächsten Vendée Globe-Kampagne teilzunehmen, ist Susann Beucke, 31, in ein neues, ungleich größeres Abenteuer eingetaucht, das die ganze Frau erfordert: Planung, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit, Training. „Ich weiß wirklich nicht, wo mir der Kopf steht“, sagt Beucke und lacht.

Sie befindet sich ganz am Anfang ihrer Kampagne, und es sind noch unzählige Stolpersteine im Weg, aber endlich hat das begonnen, wovon sie schon als Mädchen träumte: „Als ich mit zwölf Jahren das Buch von Ellen MacArthur gelesen habe, war ich so inspiriert, dass ich wusste, ich möchte auch mal Hochseeseglerin werden.“ Die Britin hatte 2001 den zweiten Platz bei der Vendée Globe belegt. Dieses Rennen in 80 Tagen um die Welt gilt als härteste Prüfung für Einhandsegler im Segelsport überhaupt. Die dort benutzten Einrumpf-Yachten der Klasse Imoca sind etwa 18 Meter lang. Zuletzt hatte der Hamburger Boris Herrmann mit seinen Abenteuern auf hoher See bei der Anfang des Jahres auf Rang fünf beendeten Vendée Globe für Aufsehen und Auftrieb für den offshore-Segelsport gesorgt.

Eine Frau in ihrem Element: Seit ihrem 7. Lebensjahr ist Beucke begeisterte Seglerin (alle Fotos: Krugmedia / DB Schenker)

 

Akribie, Geduld und Fokussierung auf das große Ziel

Man spürt Susann Beuckes Begeisterung für das Projekt, auch wenn es gerade erst zu Wasser gelassen wird, denn es geht nicht um einen Start 2024, sondern vier Jahre später – alles andere wäre zu früh, sagt Beucke, die schließlich auch noch einen Etat von geschätzten sechs Millionen Euro für die Gesamt-Kampagne einsammeln muss. Das Boot werde auch erst 2026 gebaut.

Es gelte nun, einen Schritt nach dem anderen zu tun, was Beucke an drei Olympia-Vorbereitungen mit Tina Lutz erinnert, wovon erst die letzte von Erfolg gekrönt war und die beiden nach Tokio 2021 brachte: „Immer, wenn wir uns nicht qualifiziert haben, bin ich offshore gesegelt und hatte das Gefühl, dass das besser zu meinem Charakter passt als das olympische Segeln. Ich wusste, dass ich nach den letzten Spielen die Disziplin wechseln würde. Es hilft mir jetzt, dass ich es als olympische Sportlerin gewohnt bin, in Vier-Jahres-Zyklen zu denken. Wenn ich mir ein Ziel gesetzt habe, halte ich durch.“

 

Olympisches Segeln ist wie Sprint, die „Globe“ ein Marathon

Wenn sie loslegt, bekommen selbst Landratten einen Eindruck von der Großartigkeit des Hochseesegelns. Mit allen Risiken und Nebenwirkungen: „Man fühlt sich da draußen so viel mehr, so viel intensiver. Ich mag das Leben auf See, weil es auf das notwendigste reduziert ist. Die Frage ist doch, was brauchen wir wirklich – ich stelle auf See fest, wie wenig es ist, und mit wie wenig ich glücklich bin.“ Und die Angst ist nicht an Bord, wenn sie knapp drei Monate allein um die Welt segelt? Die Kielerin vom Norddeutschen Regattaverein antwortet: „Angst ist ein natürliches Gefühl, das wir weitgehend verlernt haben. Wenn man aber eine angstvolle Situation überstanden hat, ist das die größte Belohnung.“

Olympisches Segeln, erzählt Beucke, sei wie ein Sprint, die „Globe“ dagegen ein Marathon mit neuen Herausforderungen. Allzu viel könne sie aus der olympischen Segel-Karriere also nicht mitnehmen ins Einhand-Segeln.

Mit einer Mission an Bord: Die Kielerin blick optimistisch auf die großen Herausforderungen, die auf sie warten

 

Grenzen verschieben, Frauen ein mutiges Vorbild sein

Während Boris Herrmann als Hochleistungssportler und Klimaaktivist unterwegs war, hat  Beuckes Wettfahrt einen anderen Anstrich: „This race is female“. Dieses Rennen ist weiblich. So lautet ihrer Kampagnen-Titel. Sie sagt: „Das allgemeine Thema hinter der Kampagne ist, dass ich dazu beitrage, dass sich das Rollenbild ändert, dass ein Segler nicht männlich sein muss, sondern auch weiblich sein kann. Ich möchte, dass sich mehr Frauen trauen, Verantwortung zu übernehmen und ins Risiko zu gehen.“ Sie nimmt die Vorbildrolle an: „Ich will Frauen ermutigen, genau das anzugehen, von dem sie dachten, es sei unmöglich. Grenzen sind da, um sie zu verschieben. Sei es im eigenen Kopf oder in der Gesellschaft.“

Nach offshore-Training im Juli wird Susann Beucke beim „Solitaire du figaro“ im August starten, sich dem Hochseesegeln weiter annähern und eine Trainerin oder einen Trainer suchen. Danach verlegt sie ihren Wohnsitz von Strande nahe Kiel ins französische Lorient, in die „Wiege des Hochseesegelns“. Dort, in der Bretagne, wird es dann für Susann Beucke und ihren großen Traum ernst.

 

Sportjournalist Frank Heike (52) schreibt seit vielen Jahren als Korrespondent regelmäßig für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Der gebürtige Flensburger ist zudem Mitglied der Hamburger Medienmannschaft. Neben Fußball und Handball gehören Sportbusiness-Themen inzwischen zu Heikes Kern-Expertise.

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